An das
Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Forschung
Abteilung IV/9, Legistik
legistik.wissenschaft@bmbwf.gv.at

An das
Präsidium des Nationalrats
begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

Betreff:    Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz 2002 – UG, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz – HS-QSG und das Hochschulgesetz 2005 – HG geändert werden

Bezug:
GZ. 2020 – 0.723.953
ME 79/ME
Begutachtungsverfahren

 

Stellungnahme der IG LektorInnen und WissensarbeiterInnen, 12.1.2021

Präambel

Der vorgelegte Ministerialentwurf zur Änderung des Universitätsgesetzes setzt den seit Jahrzehnten eingeschlagenen Weg der Entdemokratisierung der österreichischen Universitäten und der Einschränkung eines selbstbestimmten Studiums fort. Für die Zukunft fordern wir eine grundsätzliche Trendwende: eine Universitätsorganisation, die wieder demokratische Zustände an den österreichischen Universitäten herstellt, und Personalmodelle, die gute Arbeitsverhältnisse garantieren.

 

Entfristung statt drohendes Arbeitsverbot!

Von besonderer Bedeutung für die große Mehrheit der an den Universitäten Beschäftigten ist die im Entwurf in § 109 festgeschriebene Beschränkung der Dauer befristeter Arbeitsverhältnisse. Ein solches grundsätzlich begrüßenswertes Ende der Umgehung von Kettenvertragsregelungen muss aber mit wirksamen Maßnahmen zur Entfristung des Gros der Arbeitsverhältnisse an den Universitäten gekoppelt sein – ansonsten werden die Befürchtungen vieler Kolleg*innen wahr, dass die geplanten Änderungen in der Praxis ein Arbeitsverbot an jener Institution bewirken, an der sie über viele Jahre gelehrt und geforscht haben. Kolleg*innen, die zum Beispiel auf Grund von Sorgearbeit nicht mobil sind, wären dadurch massiv gegenüber jenen benachteiligt, die leichter an einen anderen Ort – eventuell außerhalb Österreichs – wechseln können.

Es braucht daher kurzfristig Maßnahmen zum Beispiel

*) legistischer Natur
*) durch Leistungsvereinbarungen des Ministeriums mit den Universitäten
*) durch aktive Informationspolitik gegenüber den Universitätsleitungen

mit dem Ziel, die überwiegende Mehrheit der an den österreichischen Universitäten lehrenden und forschenden Personen unbefristet anzustellen.

Erst wenn langfristige Perspektiven für Forschung, Lehre und Lebensplanung möglich sind, kann die Qualität akademischer Arbeit gesteigert werden – das schließt vor allem auch die Betreuung Studierender mit ein.

 

Sistierung der Novelle für die Dauer der Pandemie …

Das Europaparlament hat per Resolution vom 13. November 2020 – P9_TA(2020)0307 – dazu aufgerufen, „dass die Mitgliedstaaten von Maßnahmen absehen, die erhebliche Auswirkungen auf die Grundrechte (…) hätten, insbesondere in einer Situation, in der aufgrund von Bedenken hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit keine angemessene demokratische Debatte und kein sicherer Prozess möglich sind und in der sich Demonstranten daher gezwungen sehen, ihre Gesundheit und ihr Leben zu gefährden, um ihre Rechte zu verteidigen“. Wir fordern auch deswegen den Aufschub der geplanten Gesetzesänderung, denn die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre ist nicht zuletzt abhängig von den Arbeitsverhältnissen, innerhalb derer sie ausgeübt wird

 

.… stattdessen Diskussion über Alternativen

Die Zeit dieses Aufschubs soll für den Start eines Diskussionsprozesses genützt werden, in dem Alternativen zur derzeitigen Universitätsorganisation und Personalstruktur an den Universitäten erarbeitet werden – unter Beteiligung von Angehörigen der Ministerialbürokratie, Universitätspolitik, Hochschulgewerkschaft und Arbeiterkammer, vor allem aber unter Beteiligung der an den Universitäten Forschenden und Lehrenden.

Die IG LektorInnen und WissensarbeiterInnen ist gerne bereit, sich an einem solchen Diskussionsprozess zu beteiligen.

 

Mit freundlichen Grüßen

IG LektorInnen und WissensarbeiterInnen
Kontakt: office(at)ig-elf.at

 

Download der Stellungnahme als PDF.

Die Stellungnahme auf der Parlamentshomepage.