Aufruf zur Enthaftung der Mitglieder der Volxtheaterkarawane, 1.8.2001
Aufruf der IG-Externe LektorInnen und Freie WissenschafterInnen zur Enthaftung der Mitglieder der Volxtheaterkarawane
Die IG-Externe LektorInnen und Freie WissenschafterInnen schließt sich dem Aufruf des Personenkomitees der IG-Kultur zur Enthaftung der Mitglieder der Volxtheaterkarawane an. Wir unterstützen insbesondere die Forderung nach dem Ende der Kriminalisierung und Vorverurteilung von AktivistInnen durch die österreichische Bundesregierung.
Die Äußerungen der Außenministerin Ferrero-Waldner während der Pressekonferenz aus Anlaß des Besuchs des italienischen Außenministers, in der sie polizeiliche Verfolgung politischer AktivistInnen rechtfertigte und künstlerische Intervention mit einem fingierten Banküberfall gleichsetzte, sind unentschuldbar. Die Äußerungen der Außenministerin erscheinen um so schwerwiegender, als sie die lange Reihe von diffamierenden Stellungnahmen von VertreterInnen der Regierungsparteien gegen Personen, die von ihren demokratischen Rechten, insbesondere vom Demonstrations- und Versammlungsrecht, Gebrauch machen, fortsetzt. Wir fordern dazu auf, die öffentliche Kritik und die Verurteilung der Polizeigewalt in Genua sowie die Forderung nach Aufklärung der Übergriffe gegenüber MedienvertreterInnen und KünstlerInnen - wie sie international bereits seit Tagen politisch und medial präsent ist - und jetzt auch vereinzelt von JournalistInnen und PolitikerInnen in Österreich aufgegriffen wird, weiterhin auf breiter Ebene zu forcieren. (Zum Aufruf zu einer politischen Debatte vgl. u. a. Alexandra Baader in Mund 31. 7.)
Darüber hinaus plädieren wir für eine differenziertere öffentliche Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Anliegen der Protestbewegung und weisen die, in den meisten Medien verwendete Rhetorik für die Besprechung aktueller gesellschaftlicher Konflikte schärfstens zurück. Das 'Schlag'-Wort 'Globalisierungsgegner' zur Kennzeichnung, Markierung, und diskursiven Verwaltung der aktuellen Demonstrationsbewegungen ist ein Begriff, der primär auf Denkverweigerung zielt und daher abzulehnen. Der Projektionsbegriff 'Schwarzer Block' zur Stigmatisierung einer sehr vielfältigen, diversen Bewegung ist als Konstruktion bzw. Identifizierungsstrategie zu problemtatisieren. Wir wenden uns gegen die permanente und zum Teil gezielte Gleichsetzung von Sachbeschädigung mit Gewalt, die, ebenfalls der undifferenzierten Stigmatisierung dient und eine ernsthafte - und dringend notwendige - Diskussion über den Gewaltbegriff und dessen divergierende Einsatzformen unterbindet. Anstelle der Reproduktion von Schlagwörtern und von 'gut/böse' Schablonen ginge es zum Beispiel darum, die Frage des Zusammenhangs von nationalstaatlichem Gewaltmonopol und supranationalen Machtformationen zu thematisieren, beziehungsweise über mediale Darstellungspolitiken oder über die Performativität der aktuellen Protestaktivitäten eingehender zu reflektieren.
Wir setzten uns daher dafür ein, differenzierte Analysen und Auseinandersetzungen mit aktuellen gesellschaftlichen Transformationen und Konflikten an der Universität als einem Ort der Wissensproduktion, -/reflexion, und -/vermittlung weiterhin zu ermöglichen und voranzutreiben.
1. 8. 2001