Uni ohne Ketten – Wissenschaft retten!
Am 6.12.2022 starten die alljährlichen Verhandlungen um die Erhöhung der im Kollektivvertrag vereinbarten Gehälter für die Universitätsbediensteten. Wir als Unterbau nehmen diese zum Anlass, gemeinsam auf die Straße zu gehen, um unseren Anliegen Gehör zu verschaffen und laden alle Angehörigen der Universitäten ein, sich an dem Protest zu beteiligen.
Die diesjährige Lohnverhandlungsrunde findet unter düsteren Vorzeichen statt. Das für die Leistungsperiode 2021-24 vereinbarte Gesamtbudget für die österreichischen Universitäten beinhaltet nicht jene Teuerungen, welche im Jahr 2022 ganz Österreich treffen. Von der notwendigen 1,2 Mrd. zusätzlichem Budget für das nächste Jahr, die notwendig wären, um den Betrieb wie geplant aufrecht zu erhalten, wurde nur die Hälfte zugesagt. Minister Polascheks Äußerungen, dass die Klagen der Universitäten über dieses Budgetloch nicht nachvollziehbar seien, muten wie blanker Zynismus an.
Es bleibt zu erwarten, dass die Gehaltsverhandlungen unter dem Damoklesschwert dieser Budgetknappheit geführt werden und dem Universitätspersonal eine inflationsdeckende Erhöhung verwehrt bleibt. Die Budgetknappheit hätte im Fall der TU eine Schließung, im Fall der Universität Wien einen Personal-Aufnahmestopp zur Folge. Die ohnehin prekären Arbeitsbedingungen werden sich weiter verschlechtern – sowohl beim allgemeinen wie beim wissenschaftlichen Personal. Das dramatische Desinteresse der Politik gegenüber der Wissenschaft und dem Hochschulbetrieb ist offensichtlich!
Diese Gleichgültigkeit kommt derzeit ebenfalls in den gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Ausdruck. Durch die völlig missratene Neuregelung der Kettenvertragsregel (§109, UG-Novelle 2021) wurde die Situation des befristet angestellten Mittel-/Unterbaus deutlich verschlechtert. Diese Regel begrenzt die Gesamtdauer befristeter Dienstverhältnisse an einer Universität. Da sich die Rektorate jedoch bislang gegen jede Ausweitung unbefristeter Anstellungen wehren, bedeutet dies das nahe Ende vieler wissenschaftlicher Karrieren. Viele top ausgebildete Forscher:innen sind im Begriff die Wissenschaft oder das Land für immer zu verlassen.
Während österreichweit nur 6 Prozent der Angestellten befristete Verträge haben, sind dies beim wissenschaftlichen Personal ca. 80 Prozent. Befristete Anstellungen schaffen unnötigen Druck, erschweren die Lebensplanung und sind familienunfreundlich. Sie machen nachhaltige Forschung und Lehre unmöglich. Diese Anstellungsverhältnisse machen Wissenschaft als Tätigkeitsfeld und die Universitäten als Arbeitgeber unattraktiver denn je. Dies in einer Zeit, in der wir multiple Krisen zu bewältigen haben und gute Wissenschaft und Lehre bräuchten! Wir fordern daher einen Fahrplan zur deutlichen Ausweitung unbefristeter Anstellungsverhältnisse an den österreichischen Universitäten!
Der breiten Öffentlichkeit ist nicht klar, unter welch prekären Arbeitsbedingungen universitäre Forschung und Lehre aktuell in Österreich stattfindet. Verschaffen wir uns Gehör, sind wir laut und fordern wir gemeinsam bessere Arbeitsbedingungen ein!
Am 6.12. fordern wir daher:
- Einen Gehaltsabschluss, der mindestens die Inflation abdeckt und der steigenden Teuerung gerecht wird.
- Abschaffung des Paragraph 109 (UG) bzw. dessen Neuverhandlung mit Einbeziehung des Mittel/Unterbaus.
- Vielfältigere Perspektiven und Karrierewege: Mehr und der Diversität der Aufgaben angemessene unbefristete Stellen an den Universitäten!
- Eine Erhöhung der Basisabgeltung für die Universitäten, gebunden an nachhaltige Personalpolitik und ausfinanzierte Forschung!
Unterbau Uni Wien
Netzwerk Unterbau Wissenschaft
IG Lektor*innen und Wissensarbeiter*innen
Unterbau TU Wien
Wann: 6.12.2022, 8:30 Uhr (Beginn der Verhandlungen in der GÖD-Zentrale); Demostart: Teinfaltstraße, Ecke Löwelstraße (Parkplatz hinter dem Burgtheater); Demoende: Stiegen des Hauptgebäudes der Universität Wien (Universitätsring 1)
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Die Forderungen von Unterbau Uni Wien im Detail:
(diese wurden von der Vollversammlung des Mittelbaus der Uni Wien am 24.11. bestätigt)
Kurzfristige Forderungen
- Neuverhandlung der UG-Novelle oder ersatzlose Streichung des §109 (Neuverhandlung UNTER Einbeziehung der Betroffenen (Studierende, Mittelbau und Allg. Personal)!
- Sofortige unbefristete Anstellung von „Härtefällen“, insb. ältere Kolleg*innen, die durch den §109 unmittelbar betroffen sind!
- Eine deutliche Erhöhung der Basisfinanzierung der Universitäten über die Inflationsanpassung hinaus sowie eine Bindung dieser Budgetmittel an mehr Dauerstellen!
Mittelfristige Forderungen
- Ausarbeitung eines konkreten Fahrplans für Entfristungen: Entfristung von Postdoc-Stellen und Lektor*innen-Stellen anhand klarer Kriterien (Qualifikationsvereinbarungen für Forschung und/oder Lehre)
- Ende der Mobilität als Selbstzweck und Qualifikationsvoraussetzung! Stattdessen Möglichkeit von vielfältiger und inhaltlich relevanter Internationalisierung
- Belebung der vorhandenen demokratischen Strukturen an der Uni Wien
Langfristige Forderungen und Grundsätze: Das ist unsere Vision der Universität in der Zukunft
- Kooperation statt Konkurrenz: Reduzierung der extremen Wettbewerbsorientierung in der Wissenschaft zugunsten nachhaltiger Kooperationen
- Dauerstellen für Daueraufgaben und Diversifizierung der Karriereoptionen: Nachhaltige Personalpolitik und klare Karriereperspektiven nach dem Doktorat
- Forschung und Lehre sind nicht zu trennen!
- Demokratisierung der Universitäten!